Mit methodischem Testen zu erfolgreichen Geschäftsmodellen
Geschäftsideen sollten umfangreich mit KundInnen getestet werden, anstatt sie zu früh zu verwerfen.
In unseren Business Model Innovation-Workshops treffen wir immer auf sehr motivierte Teams, die gerne neue Geschäftsmodelle auf den Energiemarkt bringen möchten. Auch wenn die Konzepte gut sind, kommt es immer wieder vor, dass die Unternehmen ihre Ideen letztendlich verwerfen. Die Veränderungen in der Energiebranche sind vielen schon lange bewusst und sie sehen Chancen, die sich eröffnen, wenn es um die Portfolioerweiterung geht. Doch dann ist da das Alltagsgeschäft, die Ideen sind zu weit weg von den üblichen Angeboten oder es gibt zu wenig Vorzeigebeispiele, von denen man lernen könnte.
Dabei ist es für die Energiewende entscheidend, dass wir uns von alten Geschäftsmodellen lösen. Dezentralere, datenzentrierte Geschäftsmodelle werden in Zukunft die Flexibilität und Stabilität im Energiemarkt sicherstellen. Wenn beispielsweise Industrieanlagen zu Stromerzeugern werden und Stadtwerke zu Plattformbetreibern, ist es weit weg von dem was man jahrzehntelang von einem Energieversorger gewöhnt war. Alle hatten ihre klaren Rollen und man wusste welche Bedürfnisse das Gegenüber hat. Mit steigender Komplexität müssen sich auch die Methoden ändern, mit denen man an die Sachen herangeht.
Ideen validieren und gleichzeitig das Risiko reduzieren
Ein zentraler Bestandteil davon, offen und flexibel an neue Möglichkeiten heranzugehen, ist das methodische Validieren von Ideen im Rahmen von Experimenten. Ja, es ist riskant neue Wege zu gehen. Aber testen ist die Möglichkeit, das Risiko zu minimieren, schrittweise Einsicht zu erlangen und das Produkt anzupassen. Die Vorstellung, dass man eine gute Idee hat, einen Prototypen baut und nur betriebsintern testet, dann realisiert und schließlich eine gute Marketingstrategie drüber legt ist wirtschaftlich nicht sinnvoll. Zu hoch ist die Gefahr, dass man den Markt und die NutzerInnen falsch eingeschätzt hat.
Um neue Wege bei der Geschäftsmodellgestaltung zu gehen, bewährt es sich, iterativ zu handeln. Dabei nähert man sich schrittweise seiner Lösung, indem man immer wieder die Erkenntnisse evaluiert und die Strategie auf den Prüfstand stellt. Ein solches Vorgehen auf Etappen bedeutet aber auch, dass man in einem frühen Entwicklungsstadium mit sehr günstigen Untersuchungen herausfindet, ob die Idee einen Markt findet.
Testing Business Ideas – ein neues Buch gibt einen guten Überblick über die Vielzahl an Testmethoden
Bland und Osterwalder beschreiben in ihrem neuen Buch Testing Business Ideas (2019) sehr anschaulich, wie solche Testsequenzen aussehen können. Sie erklären den iterativen Prozess der Ideengenerierung, Prototypenbau, Testen und Lernen, und sie stellen eine Reihe der aktuellen – auch digitalen – Testmethoden vor.
Manche Experimente eignen sich für frühe Phasen, weil sie rasch umsetzbar und kostengünstig sind. Je nachdem wie meine Datenlage ist, kann ich unterschiedliche Testmethoden nutzen, um zu fundierteren Aussagen zu kommen. Firmen, die bereits einen 3D-Drucker haben, können rasch einen Prototypen „drucken“. In anderen Fällen können beispielsweise ein Erklärvideo oder Broschüren genutzt werden, um die Ideen KundInnen vorzustellen und Feedback einzuholen. Bei Organisationen, die digital gut aufgestellt sind, kann eine Landingpage in der Experimentierphase entwickelt werden, wohingegen andere in frühen Phasen mit Storyboards arbeiten.
Bei dem schrittweisen Testen geht es darum, ressourceneffizient ein Maximum an Erkenntnissen zu generieren. Erst wenn ich weiß, dass meine Idee auch eine realistische Chance hat, lohnt es sich, aufwendigere Tests durchzuführen. Dies könnten beispielsweise lebensechte Prototypen, Pop-Up Stores oder Crowdfunding-Kampagnen sein. Es stimmt, dass es riskant wirkt, ganz neue Geschäftsmodelle in das Portfolio aufzunehmen. Aber iteratives Testen trägt dazu bei, Risiko zu minimieren, indem man die Needs und Anforderungen der KundInnen besser verstehen lernt. Eine passende Testmethode zur angemessenen Zeit hilft, Fehlplanungen zu minimieren und sowohl Geld als auch Zeit zu schonen.
Validieren von Geschäftsmodell-Ideen in der Praxis
avantsmart hat in den letzten Jahren in verschiedenen Projekten viel Erfahrung im Designen, Durchführen und Auswerten von Experimenten gemacht. In den nächsten Wochen wollen wir Ihnen ausgewählte Methoden und unsere Erkenntnisse in Blogbeiträgen vorstellen. Erfahren Sie mehr über das avantsmart Pop-up Innovationslabor, das richtige Formulieren von Hypothesen, Auswerten von qualitativen Interviews und vieles mehr.
Infos zu unseren BMI Workshops finden Sie hier
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Über die Autorin Yvonne Wittmann-Fauler, MSc, Innovation Manager & User Experience Researcher bei avantsmart
Yvonne ist Psychologin im Bereich der Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie. Sie unterstützt avantsmart seit November 2017 mit ihrer Expertise im Kommunikations- und Konfliktmanagement in Innovationsprozessen. Beruflich sammelte sie unter anderem Erfahrungen in der Forschung und Evaluation bei R&D „Smart City“ bzw. "New Energy for Industry"-Projekten. Während eines halbjährigen USA-Aufenthalts im Rahmen ihres Studiums beschäftigte sie sich auch vertiefend mit menschlichem Umweltverhalten. Darüber hinaus absolvierte sie am MIT den Kurs „Mastering Innovation and Design Thinking“.
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Photo by Amélie Mourichon on Unsplash