Vorzeigeprojekt Smart Business Models for Industry
Mit Co-Creation zu neuen Geschäftsmodellen
Neue Geschäftsmodelle liefern einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende und ermöglichen ganz neue Kooperationen. Welche neuen Business Ideen für zukünftiges, nachhaltiges Wachstum gibt es? Und wie finden wir sie?
In dem Projekt Smart Business Models for Industry haben wir gemeinsam mit Stadtwerken, Industrieunternehmen und Forschungspartnern an der Entwicklung neuer Business Models gearbeitet. Das übergeordnete Ziel war es, Ideen zu finden, wie durch die Nutzung von Flexibilität bei den Industrieunternehmen Netzüberlastungen vermieden, sowie der teure Ausbau von Energieinfrastruktur verhindert werden kann.
Innovation ist Teamsport
Die Rolle von avantsmart in dem Projekt war die Konzeption und Durchführung des Business Model Innovation Prozesses. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor war, die richtigen Player mit an Bord zu bekommen. Dabei haben wir uns auf folgende zwei Gruppen von Stakeholdern fokussiert, die wir über einen Methoden-Mix ins Projekt eingebunden haben:
- Stadtwerke, Energieunternehmen und Netzbetreiber: Sie sind auf der Suche nach neuen Geschäftsmodellen und sollen als Infrastrukturbetreiber davon profitieren, dass ihr Netz auch bei einem massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht an seine Grenzen stößt.
- Industrieunternehmen und Gewerbebetriebe: Jeder kann heute zum Energieproduzenten werden. Die Dachflächen von Industrie und Gewerbebetrieben eignen sich wunderbar für PV-Anlagen. Betriebliche E-Auto-Flotten sind attraktiv aufgrund der Förderungen und der steuerlichen Vorteile. Darüber hinaus bieten flexible Lasten von energieintensiven Verbrauchern auch monetäre Anreize.
Die konkreten Anforderungen und Bedürfnisse der unterschiedlichen Stakeholder wurden im Projekt über Online-Fragebögen und qualitative Interviews erhoben. avantsmart war maßgeblich für das Fragebogendesign verantwortlich. Die Interviews und die Auswertung wurden von unseren Projektpartnern TÜV SÜD und K-Quadrat Unternehmensberatung gemacht. National und auch international (Deutschland, Italien) hat unser Projektpartner VKÖ eine Umfrage bei Stadtwerken unterschiedlichster Größen und regionalen Gegebenheiten durchgeführt.
Initiiert und geleitet wurde das Projekt vom Lehrstuhl für Energieverbundtechnik an der Montanuniversität in Leoben. Das Forscherteam führte Netzberechnungen und Simulationen für ausgewählte Stromnetzabschnitte durch. Denn schließlich sollen neue Geschäftsmodelle nicht nur wirtschaftlich tragfähig sein, sondern auch technisch machbar und sinnvoll ins Energiesystem eingebunden werden.
Doch um tatsächlich neue kooperative Geschäftsmodell-Ideen zu entwickeln, mussten wir alle relevanten Akteure an einen Tisch bringen. In folgendem Video bekommen Sie einen Eindruck über unsere Arbeit im Projekt.
Co-Creation: Gemeinsam an neuen Geschäftsmodellen arbeiten
Wir haben den Co-Creation-Prozess in drei Stufen aufgebaut, in denen wir jeweils mit ausgewählten PartnerInnen zusammen gearbeitet haben.
Stufe 1 - Stakeholder-Workshop: In diesem Großgruppenworkshop mit mehr als 50 TeilnehmerInnen haben wir in einem ersten Schritt den Raum für Ideen weit geöffnet. Unser Ziel war es, neue Kooperationsmöglichkeiten zwischen relevanten Partnern auszuloten und Ideen für innovative Geschäftsmodelle, aufbauend auf folgenden fünf konkreten Themenstellungen, zu entwickeln:
- Regionale und industrielle Speicherkonzepte
- Nutzung von Flexibilitäten in Gewerbe und Industrie
- Digitale und datenbasierte Services
- E-Auto-Flotten in Unternehmen
- Integrierte Energiesysteme mit Sektorkopplung
Stufe 2 - Interner Design Thinking Workshop: In einem zweiten Schritt wurden im projektinternen Workshop die ersten Ideen verdichtet und daraus konkrete, sogenannte Minimum Viable Products entwickelt. Diese konzeptionellen Prototypen wurden mit den Methoden Value Proposition Design und Design the Box (mit Legosteinen) entworfen. Die folgende Abbildung zeigt die drei Modelle, die das Team gebaut hat.
Stufe 3 - Business Model Innovation Workshop: Im dritten und letzten Workshop haben wir uns schließlich darauf fokussiert, gezielt mit relevanten Umsetzungspartnern zu arbeiten. 24 ausgewählte TeilnehmerInnen haben in einem intensiven Business Model Innovation Workshop folgende vier konkrete Geschäftsmodelle erarbeitet:
- Energy-Hub 4 Industry
- H2 Mobil
- Industrielle Abwärmenutzung
- Community Grid
Zwei aus den Workshops hervorgegangene Geschäftsmodelle wurden von unserem Projektpartner Venios weiterentwickelt und als Software-Prototypen implementiert. Sie demonstrieren das Konzept, das hinter jedem Geschäftsmodell steht, und ermöglichen es den NutzerInnen, finanzielle und technische Parameter zu verändern.
Das Business Model Energy-Hub 4 Industry dient als passendes Beispiel für die aufkommenden lokalen Energiegemeinschaften, die bis Anfang 2021 in eine legislative Form gegossen werden sollen. Er zeigt die finanziellen Vorteile auf, die durch die Umgehung der traditionellen Käufe und Verkäufe von und an den Energieversorger erzielt werden können, während gleichzeitig durch reduzierte Netzentgelte zusätzliche Einsparungen erzielt werden. Allerdings werden Teile des Business Case von der konkreten Ausformulierung der künftigen Verordnung abhängen.
Community Grid demonstriert den nahezu traditionellen Geschäftsfall des Energiespeicherbetriebs. Der finanzielle Schwerpunkt liegt neben dem Ausgleich von Angebot und Nachfrage darin, einen Teil des Speichers für netzunterstützende Marktaktivitäten zu verwenden. Wie im ersten Fall wäre sicherlich eine neue Regulierung erforderlich, um die Tragfähigkeit dieser Bemühungen zu verbessern.
avantsmart begleitet seit 2011 Unternehmen und Projektteams in ihren Business Model Innovation Prozessen. Melden Sie sich für unseren Newsletter an und bleiben Sie immer über unsere neuesten Projekte informiert.
Conclusio: Innovation durch Kooperation
Die Arbeit im Forschungsprojekt Smart Business Models for Industry hat gezeigt, dass in Industrie- und Gewerbebetrieben durchaus großes Interesse besteht, sich aktiv an der Energiewende und am Umbau des Energiesystems zu beteiligen. Ihre energieintensiven Prozesse bieten sich an, Flexibilitäten zu nutzen, wo es möglich ist, um Netzstabilität zu gewährleisten. Darüber hinaus können neue, profitable Geschäftsmodelle rund um die Themen E-Mobilität, Wasserstoff, Sektorkopplung oder Data Analytics entstehen.
Für die tatsächliche Umsetzung von neuen, kooperativen Geschäftsmodellen wird es wichtig sein, den begonnen Weg gemeinsam mit den Energieunternehmen, Stadtwerken und Netzbetreibern auf der eine Seite, und den EntscheiderInnen in den Industrie- und Gewerbebetrieben auf der anderen Seite weiter zu gehen. Wir haben in diesem Projekt einen reichen Ideenschatz für neue Geschäftsmodelle entwickelt und interessante neue Partnerschaften aufgebaut. Der nächste Schritt wird es nun sein, in weiteren Projekten noch offene Fragestellungen zu erforschen und konkrete Maßnahmen für die Umsetzung zu ergreifen.
Das Projekt Smart Business Models for Industries ist Teil der Vorzeigeregion NEFI und wurde aus Mitteln des Klima- und Energiefonds gefördert.
Projektpartner: Institut für Energieverbundtechnik an der Montanuniversität Leoben (Projektleitung), avantsmart, Adenso, K-Quadrat, Stadtwerke Kapfenberg, TÜV Süd, Venios, VKÖ
Über die Autorinnen:
Hemma Bieser ist Gründerin und Geschäftsführerin von avantsmart. Seit 2011 entwicklet sie gemeinsam mit ihren KundInnen neue Geschäftsmodelle für den Energiemarkt der Zukunft.
Yvonne Wittmann-Fauler arbeitet seit 2017 als Innovation Manager und User Experience Researcher bei avantsmart.